In einem kleinen Dorf an der Atlantikküste Marokkos liegt ein wunderbarer Ort für Surferherzen, Abenteuerer und Entspannungssuchende – das Riad Ayour. Die Gründer Janina und Aziz wollten eigentlich nie eine Surfschule und erst recht kein eigenes „Hotel“ eröffnen. Uneigentlich steht nun beides mitten im Herzen von Tamraght und ist eine Wohlfühloase für unzählige Urlauber, die Marokko mit Haut und Haaren kennenlernen wollen. Viele von ihnen fragen vor allem Janina oft, was sie nach Marokko verschlagen hat und wie sie zur Riad-Inhaberin und Gastgeberin geworden ist. Wir haben nachgefragt …
Von den grünen Hügeln des Allgäus zu den Wellen Marokkos
Janina, geboren im Allgäu, hatte schon immer eine tiefe Verbindung zum Meer. „Schon als Kind wusste ich, dass ich eines Tages nach Afrika auswandern würde“, erinnert sie sich. Der Wunsch, Menschen zu helfen, führte sie dazu, als medizinisch-technische Laborassistentin (MTLA) zu arbeiten und von einer Karriere bei Ärzte ohne Grenzen zu träumen. Um die benötigte Berufserfahrung zu sammeln, beschloss sie, eine Auszeit in Marokko zu nehmen.
Das Surfen kam eher unerwartet in ihr Leben. Sie dachte immer, das Wellenreiten sei nur etwas für Profis, für diese coolen Snowboarder-Typen. Dann lernte sie Aziz kennen, einen waschechten Surflocal. Ein Freund von ihm brachte ihr das Surfen bei und entfachte das Feuer in ihr. Von da an war sie täglich am Strand zu finden, meistens am „Devils Rock“. Die Herzlichkeit der Menschen in Tamraght und die familiäre Atmosphäre im Dorf (damals bestand Tamraght aus nicht mehr als ein paar Häuschen) ließen sie sich schnell heimisch fühlen.
„Ich habe mich in Europa nie geerdet gefühlt, aber in Marokko bin ich super schnell angekommen.“
Family-Feelings
In ihrer ersten Zeit in Marokko arbeitete Janina in einer Sprachschule in Agadir, wo sie Deutsch unterrichtete und selbst Französisch lernte. Diese Arbeit half ihr nicht nur, die Sprache zu meistern, sondern ermöglichte ihr auch, tiefer in die marokkanische Kultur einzutauchen. „Ich habe durch die Arbeit viele Freunde gefunden und das echte Leben hier schnell kennengelernt“, erzählt sie. Kein Wunder also, dass sie sich genauso schnell zu Hause fühlte. Die Geburt ihres ersten Kindes sorgte dann für noch mehr Verbundenheit zu Land und Leuten.
Die Gründung des Surf Riads
Der Plan, eine Surfschule zu gründen, stand ursprünglich nicht im Vordergrund für Janina und Aziz. Doch der Zufall hatte andere Pläne. Aziz begann bei einem befreundeten Surflehrer auszuhelfen – und fand großen Gefallen daran, seine Leidenschaft an andere weiterzugeben und ihnen seine local Surfspots zu zeigen. Marokko entwickelte sich immer mehr zum Geheimtipps für herausragende Surftrips, die Anfrage an Surfschulen wuchs und wuchs. Also gründeten Janina und Aziz ihre eigene – als Anlaufstelle für alle, die in familiärer Atmosphäre das Surfen lernen wollten.
Janina brachte sich mit ihrem organisatorischen Talent ein, indem sie die Webseite erstellte, Übersetzungen anfertigte und sich um SEO, Kundenakquise und den gesamten E-Mail-Verkehr kümmerte. Sie nutzten Couchsurfing, um Gäste aus Europa aufzunehmen, damit Aziz auch Janinas Kultur besser kennenlernen konnte. Diese Gäste nahmen Surfstunden bei Aziz, waren begeistert von der persönlichen Betreuung und empfahlen das Paar weiter.
„Es war wirklich Mund-zu-Mund-Propaganda, die unser Geschäft langsam aber sicher wachsen ließ.“
Alles, was an Aufgaben anfiel, erledigten sie selbst – von den Texten und Bildern für die Webseite und bis hin zu den liebevoll belegten Sandwiches für die Gäste. Janina schmunzelt: „Es war insgesamt mehr Arbeit als mein Staatsexamen!“ Doch das Engagement und die Leidenschaft zahlten sich aus.
Die Idee auf, eine eigene Unterkunft zu eröffnen, ließ nicht lange auf sich warten. „Wir wollten etwas, das unseren hohen Ansprüchen an Komfort und Design entsprach“, erinnert sich Janina. So begann die Suche nach dem perfekten Grundstück. Fast zwei Jahre suchten sie nach einem geeigneten Ort, da kein bestehendes Haus ihren Vorstellungen entsprach.
Währenddessen sammelten sie Ideen und Pläne, inspiriert von ihren Reisen. Besonders die Riads in Marrakesch hatten es ihnen angetan mit ihrem oasigen Vibe, den natürlichen Materialien und typisch marokkanischen Fliesen. Janina hat hohe Ansprüche an das Interior Design und wollte diese Vision verwirklichen. Mit Aziz an ihrer Seite war der Hausbau „kein Stress“, wie Janina selbst lachend betont.
„Ich glaube, ich habe noch nie so viel gearbeitet wie hier, aber es war ein Herzenswunsch, und ich würde es nicht rückgängig machen.“
Aus zwei mach viele
Was als Two-People-Betrieb begann, entwickelte sich schnell zu einem Team-Projekt. Janina und Aziz legten von Anfang an großen Wert darauf, dass ihr Riad nicht nur ein Ort zum Übernachten, sondern ein Zuhause für ihre Gäste wird. „Wir wollen, dass jeder, der hierherkommt, sich wie ein Teil der Familie fühlt“, erklärt Janina.
Im Laufe der Zeit wuchs das Team um engagierte Mitarbeitende, darunter Surflehrer, Köche, und Housekeepers. Diese Menschen sind nicht nur für den reibungslosen Ablauf des Betriebs verantwortlich, sondern auch für die offene, herzliche und lustige Atmosphäre, die das Riad auszeichnet. „Wir haben jetzt ein wunderbares Team, das sich um unsere Gäste kümmert, als wären sie Freunde“, erzählt Janina stolz. Genau deshalb kommen viele Gäste des Riads auch immer wieder gern zurück.
Nicht nur die Gäste, auch das Team selbst soll sich rundum wohlfühlen in einer Arbeitsumgebung, in der es sich geschätzt fühlt und durch die Arbeit ein gutes Leben leisten kann. „Unser Ziel ist es, eine schöne Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der das Team gern zur Arbeit kommt“, sagt Janina. Diese Werte möchte sie auch in Zukunft beibehalten: Das Riad soll ein gemütlicher Rückzugsort bleiben und nicht zu einem Hotel für den Massentourismus mutieren. Hier solle sich sowohl Gäste als auch alle Mitarbeitenden wie zu Hause fühlen und ganz sie selbst sein können.
Was das Leben in Marokko so besonders macht
Janina liebt das einfache, natürliche Leben in Marokko. Dennoch gibt es Dinge, die sie an Deutschland vermisst. „Frühstücken mit meinen Freundinnen, die schönen Cafés und einfach mal ins Kino gehen“, gesteht sie. Trotzdem hat sie in Marokko ihr zweites Zuhause gefunden und fühlt sich als Teil einer großen Familie. Was sie Menschen empfiehlt, die ebenfalls mit dem Auswander-Gedanken spielen?
„Man muss aus ganzem Herzen hier leben wollen. Man muss herziehen, weil man Marokko liebt – das ist das A und O!“